NRW, Wandern
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Kyrillwald & kanadische Weite: Unterwegs auf der Sauerland Waldroute

Wandern und übernachten.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie man eine Wanderung mit einer Übernachtung kombinieren kann.

Neulich beim Trekking in der Pfalz war es wohl die natürlichste Art, Wandern und Schlafen zu verbinden: Mit dem Zelt im Wald, völlig einsam.

Ebenfalls sehr reizvoll sind Hüttenwanderungen in den Alpen: Man hat zwar ein Dach über dem Kopf, aber meistens recht wenig Komfort im großen Schlafsaal.

In Deutschland ist es vermutlich am geläufigsten, die Nacht in einer Pension, einem Hotel oder einer Jugendherberge zu verbringen. Aus der Einsamkeit der Natur kehrt man für die Übernachtung zurück in die Zivilisation.

Als ich neulich im Sauerland* war, habe ich die perfekte Übernachtungsmöglichkeit gefunden, die den Komfort einer Pension hat, aber auch die Nähe zur Natur…

Eine Übernachtung am Stadtrand von Arnsberg

Endlich Freitag! Nach nur 4 Stunden Arbeit verlasse ich das Büro und hole meine gute Freundin Christina ab. Wir werden das Wochenende im Sauerland bei Arnsberg verbringen.

„Noch 2 Minuten“ sagt unser Navi schließlich und führt uns durch eine Wohnsiedlung wieder hinaus aus der Stadt. „Hier soll jetzt noch eine Unterkunft kommen?“, denken wir uns und fahren etwas verunsichert weiter. Erst als wir ein großes Holztor mit einem freundlichen Schild „Herzlich Willkommen“ erblicken, haben wir die Gewissheit, uns nicht verfahren zu haben. Wir stoßen zuerst auf einen Wegweiser: „Restaurant, Rezeption, Hotelanlage, Stallungen, Bogenschule…“. Diese Country Lodge ist ja noch viel größer, als wir es uns vorgestellt haben, ganze 130.000 Quadratmeter groß, um genau zu sein! Hier am Stadtrand von Arnsberg findet man nicht nur kanadischen Landhausstil, sondern auch kanadische Weite.

Die Rezeption der Country-Lodge mit Blick auf Arnsberg

Die Rezeption der Country-Lodge mit Blick auf Arnsberg

Country Lodge: „Der Luxus liegt im Einfachen“

Nach der Begrüßung durch Frau Klöpper und Hund Bobo gibt es einen Kaffee im gemütlichen Frühstückssaal. Der Kamin brennt schon. Es ist alles sehr gemütlich und familiär eingerichtet.

Mein absoluter Favorit ist das Große Ferienhaus mit Sauna, wo ich unbedingt einmal ein verschneites Winterwochenende verbringen möchte. Auch wenn das schon sehr nach Luxus klingt, so liegt der Luxus hier hauptsächlich im Einfachen: Einfach nah an der Natur und einfach nah erreichbar – ohne großen Schnickschnack, aber mit allem Komfort, den man sich wünschen kann.

Mitten in der Natur: Die Country Lodge am Stadtrand von Arnsberg

Mitten in der Natur: Die Country Lodge am Stadtrand von Arnsberg

Goldener Herbst auf der Sauerland Waldroute

Aber jetzt ist erst einmal goldener Herbst und wir genießen das Wochenende mit Kaiserwetter!

Samstag früh starten wir nach einem ausgiebigen Frühstück auf die Sauerland Waldroute. Sie erstreckt sich über 240km von Iserlohn nach Marsberg vorbei am Sorpe- und Möhnesee. Das Wahrzeichen der Waldroute ist der 581 Meter hohe Lörmecke-Turm . Er kennzeichnet den höchsten Punkt der Strecke und bietet weite Aussichten über die grüne Hügellandschaft; bei gutem Wetter sogar bis zu den Bruchhauser Steinen auf dem Rothaarsteig.

Sauerland Waldroute von Amecke bis Arnsberg

Mein persönliches Highlight ist die Ruhe auf dem Weg und die pure Natur. Trotz des Traumwetters begegnen wir kaum einer Menschenseele. Die Sauerland Waldroute ist etwas weniger bekannt als der Premiumweg Rothaarsteig.

Traumwetter auf der Sauerland Waldroute

Traumwetter auf der Sauerland Waldroute

Unser Weg startet am Sorpesee in Amecke. Die bunten Bäume leuchten wunderschön und spiegeln sich im Wasser. Gleich zu Beginn der Wanderung bin ich überrascht, dass der Weg tatsächlich hauptsächlich durch Wald führt und keinen Blick mehr auf den See zulässt. Deshalb habe ich leider auch kein Foto für euch.

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Dafür bringt uns das Schimmern der Sonne durch die Baumkronen zum staunen. Christina muss mich zwingen, weiterzugehen und nicht jeden Sonnenstrahl zu fotografieren. Da wussten wir noch nicht, dass wir später eh noch durch ein paar Unaufmerksamkeiten in Zeitverzug geraten…

Vorsicht beim Wandern „mit hohem Quatschfaktor“

Das Schöne am Wandern ist meiner Meinung nach einerseits die Zeit, die man in der Natur verbringt und andererseits die Zeit mit guten Freunden. Wann sonst hat man einmal 6 Stunden um ausgiebig zu quatschen?

Die Zeit zum Quatschen wurde uns beim Wandern aber auch mehrfach zum Verhängnis: Gleich 3x haben wir uns verlaufen, was uns circa 4 Kilometer und eine gute Stunde Extra-Zeit gekostet hat. „Das kann nur bei zu hohem „Quatschfaktor“ passieren“, meint später Ranger Oliver, den wir auf der Hälfte der Strecke treffen. Immerhin ist die Sauerland Waldroute mit dem Zertifikat “ Qualitätsweg Wanderbares Deutschland“ ausgezeichnet und somit wandersicher beschildert! „Wenn Ihr nach 50 Metern keine Markierung seht, seid ihr falsch.“ So einfach ist das. Aber wir zahlen gerne das Lehrgeld, denn nur so haben wir die ein oder andere tolle Extra-Aussicht erhalten 🙂

Kleiner Abstecher auf der Sauerland Waldroute

Wer sich verläuft erhält manchmal Extra-Aussichten! 🙂

Sauerland Waldroute Etappe 3 und 4

25 Kilometer, 3x verlaufen und wir können immer noch Lachen.

Sauerland: Wandern mit Ranger

Damit wir uns nicht schon wieder verlaufen, begleitet uns Ranger Oliver ein Stück und stellt uns an einer Kreuzung sogar auf die Probe. Wer von einem Ranger begleitet wird, bekommt die Chance, intensiver in den Wald einzutauchen. Alleine wären wir sicher nicht auf die Idee gekommen, unter Baumstämmen nach versteckten Tieren zu suchen oder dem Nadel-Duft der Douglasie auf die Spur zu gehen. Die Eselsbrücke „Douglas“ hat hier nichts mit der Parfümerie zu tun, sondern mit dem Botaniker David Douglas, der Anfang des 19. Jahrhunderts einige Pflanzen von Nordamerika nach Europa brachte. Man kann eine Douglasie von der Fichte anhand des Nadel-Dufts nach Zitronenmelisse unterscheiden.

Ein Molch auf der Sauerland Waldroute

Dank Ranger Oliver entdeckt: Ein kleiner Molch, der sich noch in der Froststarre befindet. Gleich ist er aufgewärmt und kann weiterkrabbeln.

Geführte Wanderungen mit Ranger

Eine geführte Wanderung mit einem Ranger ist wirklich spannend und lehrreich. Wenn Ihr auch Lust dazu habt, findet Ihr hier die aktuellen Termine für die Sauerland Waldroute. Es gibt auch geführte Vollmond-Wanderungen mit einem der Ranger.

Der Kyrillwald im Sauerland

Eine weitere Besonderheit auf der Waldroute ist der sogenannte „Kyrillwald“. Im ersten Moment klingt es so, als würde es dieses Teilstück der Sauerland Waldroute schon seit Ewigkeiten geben. In Wahrheit ist der Kyrillwald erst 2007 nach dem Orkan Kyrill entstanden, der diese riesige Waldfläche verwüstet – ja, man kann wirklich sagen platt gemacht hat. Was zunächst sehr dramatisch klingt, birgt im Nachhinein auch ein paar Vorteile: Erst seit der Verwüstung kann man auf diesem Abschnitt die weite Aussicht über das Sauerland genießen und wie an diesem herrlichen Herbsttag die warmen Sonnenstrahlen. Was zunächst etwas verwirrend aussieht: Die verwüstete Fläche wird heute für den Weihnachtsbaum-Anbau genutzt. Irgendwie seltsam vom wilden Waldgebiet auf diese akkurate, landwirtschaftlich genutzte Fläche zu stoßen, aber irgendwo müssen unsere Tannenbäume ja wachsen…

Sauerland Waldroute: Aussichten nach dem Orkan Kyrill

Aussichten nach dem Orkan Kyrill

Fazit zum Wandern auf der Sauerland Waldroute

Wer Natur und Ruhe sucht, der ist auf der Sauerland Waldroute genau richtig. Sie ist ideal für weite Etappen-Wanderungen, Rundwanderungern, oder Spaziergänge. Auf dem Teilstück der Etappe 3 und der Etappe 4 sind wir hauptsächlich durch den Arnsberger Stadtwald gewandert. Die Wege sind nicht anspruchsvoll und meistens etwas breiter. 1-2 Kilometer führen durch den Ort Sundern über Asphalt, was wir aber für eine Eiskaffee-Pause wunderbar nutzen konnten 🙂

Eiskaffee-Pause in Sundern.

mmmh lecker!! Eiskaffee-Pause in Sundern.

Weitere Tipps für Arnsberg im Sauerland:

  • Arnsberger Mühlenbrauerei: Hier wurde ein ehemaliges Gerber-Haus liebevoll restauriert und so entstand 2012 die bislang jüngste Brauerei des Sauerlandes. Hier kann man es sich nach einer Wanderung mit regionalem Bier und deftigem Essen gemütlich machen. Ein sehr schönes traditionell-modernes Brauhaus über drei Stockwerke und mit Dachterrasse.

Arnsberger Mühlenbrauerei: Brauhaus mit Überraschungs-Effekten

  • Zentrum Arnsberg: Wer nicht nur gerne wandert, sondern auch durch kleine Altstadt-Gassen schlendert, der ist in Arnsberg genau richtig. Ich hätte gerne noch mehr Zeit gehabt, Samstagsvormittags durch die kleinen Lädchen zu bummeln. An vielen Ecken findet man Kaffeeröstereien, Kaufläden und Cafés. Eine wirklich malerische Altstadt.
Ein Markenzeichen für die Altstadt in Arnsberg: Kaufläden und die alte Kirche.

Ein Markenzeichen für die Altstadt in Arnsberg: Kaufläden und die alte Kirche.

  • Arnsberg bietet eine große Auswahl an thematischen Stadtführungen. Wer das Schauspiel mag und in die Historik der Stadt eintauchen möchte, findet hier eine üppige Auswahl von gruseligen bis romantischen oder saisonalen Führungen. Ich muss leider gestehen, dass ich kein großer Fan von thematischen Stadtführungen bin, aber sie sind gut gespielt und informativ. Wichtig: Voranmeldung notwendig!

*Hinweis: Dieses Wochenende hat im Rahmen einer Kooperation mit dem Sauerland-Tourismus e.V. stattgefunden. Die Einladung beeinflusst nicht meine persönliche Meinung.

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9 Kommentare

  1. Hallo,
    interessanter Artikel.
    Die Ausmaße von Kyrill waren wirklich katastrophal.
    Ich bin nach Kyrill im Raum Winterberg/Willingen durch den Wald gejoggt. – Man hat teilweise nur noch erahnen können, wo man sich überhaupt befindet.
    Mittlerweile hat sich alles wieder gut erholt und sieht auch wieder nach „Wald“ aus.
    LG
    OutdoorFollka

  2. Hallo,
    interessanter Artikel. – Vielen Dank dafür.
    Ich wohne im Sauerland und habe die Katastrophe „Kyrill“ live miterlebt.
    Nach Kyrill bin ich durch bekanntes Heimatgebiet gewandert. Man konnte oft nur erahnen, wo man sich aktuell befindet. Die abgeknickten Bäume haben die Umgebung so start verändert, dass man glauben konnte, man sei fremd an diesen Orten.
    Aber mittlerweile sieht alles wieder recht gut aus. Entweder sind die leer gefegten Flächen von selber nachgewachsen oder es wurde nachgepflanzt.
    LG
    OutdoorFollka

    • Simone sagt

      Vielen Dank für deinen Bericht über die Erfahrung nach dem Kyrill.
      Viele Grüße, Simone 🙂

  3. Danke, dass Sie Ihr Wissen mit uns teilen. Diese Informationen sind sehr hilfreich. Ich freue mich darauf, in Zukunft mehr von Ihren Artikeln zu lesen. Alles Gute!

    Mit freundlichen Grüßen,
    Simon

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